<< Quasimodogeniti – Johannes 20,19-29 Inhaltsübersicht 4. Sonntag nach Trinitatis – Lukas 6,36-42 >>

Pfingsten – 1. Korinther 12,4-11

4. Juni 2006

Das passt, liebe Gemeinde! Das passt wunderbar zusammen: Pfingsten – und die Einführung des neuen Kirchenvorstandes…Das passt zusammen; denn es zeigt, worum es geht: um ein geistliches Amt! Wie das? Es scheint wenig bekannt bzw. geläufig. Wenn man eine Umfrage machte: Kreuzen Sie an: Ein Kirchenvorstand ist A Verwaltung, B (Vereins-)Leitung, C Geistliches Amt…dann käme wohl häufig heraus: „Geistliches Amt“ wohl nicht; denn das ist ja Sache der Pfarrerinnen, der Pfarrer… Und das 478 Jahre nach der Reformation Goslars….

Sie werden das wissen: nach unserem Verständnis gibt es keine herausgehobene geistliche Qualifikation in der Kirche. Alle haben wir dieselbe Geistkraft empfangen bei der Taufe … und damit sind wir alle Geistliche! Und das ist nicht eine Spielerei mit Worten – es hat große Bedeutung für die Frage: „Was ist die Kirche“ und für die Fragen: „Wie soll es weitergehen mit der Kirche? Was machen wir in diesen Zeiten, in denen sich alles ändert?! Wer ist zuständig für Glaube, Liebe und Hoffnung in der Gemeinde und dafür, dass die Frohe Nachricht weiter hörbar bleibt in dieser egozentrischen geldfixierten Zeit?“

Natürlich geht es vordergründig um ganz „Irdisches“ im Kirchenvorstand: Da geht es um Gebäude, um Geld, um Einrichtungen wie KiTas, Diakoniestationen…; da geht es um Veranstaltungen, um Junge und Alte, um Diakonie und Mission, um haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende… Eine Kirchengemeinde ist ein hoch differenziertes Gebilde. Nur wir müssen wissen: alle, die darin mitarbeiten, nehmen ein geistliches Amt wahr! Daran hängt viel, dass das verstanden wird! Das unterscheidet eine Kirchengemeinde von einem Verein – mag sie sonst zum Verwechseln ähnlich sein.

In unserer Kirchengemeindeordnung heißt es lapidar: „Die Kirchengemeinde ist Kirche Jesu Christi in einem bestimmten Bereich“ – also ein geistliches „Gebilde“ insgesamt und in allen ihren Teilen und Mitarbeitenden… Und diese Kirchengemeinde – so heißt es weiter in §1 – hat einen Auftrag: „…das Wort Gottes zu verkünden, die Sakramente zu reichen und missionarisch und diakonisch tätig zu sein“. Die Gemeinde hat den Auftrag – bestimmte Personen, einzelne Ämter …sind (noch) nicht genannt… Und schaut man nach, was denn nun der KV speziell zu tun hat, wird zuerst auf das eben Zitierte verwiesen: “… der KV ist – ebenso wie das Pfarramt – für die Erfüllung des Auftrages der Kirchengemeinde... verantwortlich.“ Genau wie (§2) „…alle Kirchenmitglieder und die Amtsträger und Organe“…

Und erst dann werden einige Aufgaben speziell benannt: Der KV beschließt über die Zeiten der regelmäßigen Gottesdienste, berät und beschließt über Maßnahmen zur Förderung der kirchlichen Unterweisung, vertritt die Kirchengemeinde nach Innen und nach Außen. Als Dienstgeber ist er für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirchengemeinde verantwortlich. Er ist für die ordnungsgemäße Verwaltung der Gebäude und Einrichtungen der Kirchengemeinde verantwortlich. Dem Kirchenvorstand obliegt die Finanzverwaltung. Ein geistliches Amt – genau wie das eines Kirchenmusikers, eines Küsters, einer Sekretärin oder eines Pfarrers. „Die Gaben sind verschieden, doch gewirkt von demselben Geist. Es gibt verschiedene Aufgaben in der Gemeinde, doch derselbe Herr hat sie verteilt. Es gibt auch verschiedenartige Begabungen, doch derselbe Gott hat bei jedem einzelnen alles bewirkt.“ (1. Kor 12,4-6)

Damit sind wir beim Apostel Paulus. Er schreibt hier an die Gemeinde von Korinth. Er hat sie selber gegründet. Wir blicken in die ganz frühe Zeit: es gab noch keine „Normen“ und Paragraphen… Was es aber gab, das war Streit. Wer ist der Größte?! Angeblich gab es eine Rangordnung unter den Gaben…besonders taten sich Leute hervor, die „Zungenrede“ praktizierten. Sie glaubten, das sei ein Zeichen für besonders intensive Geist-Begabung. Paulus bleibt cool: Das habt ihr schon gemacht, bevor ihr Christen wurdet, hält er ihnen entgegen, und Unterschiede könnt ihr damit schon gar nicht begründen! Dann stellt er ein Kriterium auf: Maßstab ist, ob es nützt – und zwar allen anderen nützt. Der persönliche Nutzen, das Sich-Suhlen in der eigenen Besonderheit…das gerade ist kein Kriterium.

Überall, wo sich der Geist so sichtbar äußert, ist der Maßstab, ob es allen anderen nützt. Wenn Gott den Heiligen Geist schenkt, dann gibt er dem einen damit die Fähigkeit, Lebensweisheit zu lehren, einem zweiten die Gabe, theologisch zu reden, einem dritten wundertätigen Glauben, einem vierten die Kraft zum Heilen. Und immer ist es derselbe Heilige Geist. (1. Kor 12,7-9)

Und der teilt nach seinem Willen jedem einzelnen eine bestimmte Gabe zu… Eine solche Gabe ist die Leitung einer Kirchengemeinde…und innerhalb des KV die Fähigkeit, bestimmte Aufgaben zu übernehmen… KV – ein wichtiger Bereich – aber nicht grundsätzlich unterschieden von anderen Diensten – und auch nicht „über“ oder „unter“ dem Pfarramt stehend – sondern Seite an Seite mit ihm „zum Nutzen aller“. Paulus macht das an einem schönen Bild klar:

Die Gemeinde ist wie ein Leib, der aus vielen Gliedern zu einem zusammengefügt ist. So ist es auch mit Christus. Denn weil wir alle mit demselben Geist getauft wurden, sind wir jetzt ein einziger Leib. Zu einem Leib gehören aber viele Glieder und nicht nur eins. Auch wenn zum Beispiel der eine Fuß sagt: „Weil ich keine Hand bin, sondern ein Fuß, gehöre ich nicht zum Leib“, gehört er natürlich doch zum Leib. Oder wenn das eine Ohr sagt: „Ich bin kein Auge, sondern nur ein Ohr, also gehöre ich nicht zum Leib“, ändert das auch nichts daran, dass es zum Leib gehört. Wäre der ganze Leib Auge, dann könnte er nicht hören. Wäre er ganz Ohr, dann bliebe nichts fürs Riechen. Gott hat eben jeden Körperteil nach seinem Willen zu einem bestimmten Zweck gedacht. Wären alle Teile identisch, dann bildeten sie keinen Leib. Vielmehr sind viele Teile erforderlich, damit es einen Leib gibt. So kann ein Auge nicht zur Hand sagen: „Ich brauche dich nicht“. Und der Kopf kann nicht zu den Füßen sagen: „Ich brauche euch nicht“.

Und sein Fazit lautet:

Ihr seid alle miteinander Leib Christi, damit ist jeder von euch für sich Teil des Leibes. In diesem Leib, der die Gemeinde ist, hat Gott zuerst Apostel bestellt, danach Propheten, dann Lehrer, darauf einige, die Wunder wirken sollen, andere, die Kranke heilen können, wieder andere, die helfen oder Menschen führen können. Manchen hat er die Fähigkeit gegeben, in fremden Sprachen zu reden. Es können nicht alle Apostel, Propheten oder Lehrer sein. Nicht jeder kann Wunder wirken oder heilen oder in anderen Sprachen reden oder übersetzen.

So ist das – und so ist das auch hier! Gut, dass wir so viele Gaben mitbekommen haben – und dass Gott so viele Menschen zum Dienst bereit gemacht hat. Schön, dass wir erfahrene KVer haben, die sich auskennen, weitermachen, beraten…Schön, dass wir neue haben, die Neues und Anderes einbringen können….Schön, dass wir weitere auf der „Liste“ haben, die teilnehmen, Dienste übernehmen …und dankbar sind wir auch denen, die das Amt so lange innehatten, jetzt aufgehört haben, aber bereit sind, sich weiter zu engagieren… – eine reich beschenkte Gemeinde sind wir! Mögen wir das bei allem Druck und den kleinen und großen Sorgen nie vergessen! Wäre die Welt komplett in Ordnung, dann brauchte es niemanden, der sich um sie kümmert… Solange aber Menschen leben, wird es auch Nöte und Sorgen geben, – und werden Menschen gebraucht, die Hilfe bringen in Wort und Tat. Als Mitglieder der Kirche sind wir dazu gerufen, bis zu dem Tag, wo Gott alles in allem sein wird (1. Kor 15,27).