Vollgas!
10. Januar 2004
Mit Vollgas durch die Wüste! Die Rallye Dakar ist ein Spektakel der besonderen Art. Die Fahrzeuge pflügen mit irrwitziger Geschwindigkeit durch die Sanddünen, Bodenwellen zwingen die Fahrer zu gewagten Sprüngen, Wasserpfützen bremsen die Wagen brutal ab. Das wollen die Zuschauer sehen! Fernsehteams aus aller Welt übertragen die atemberaubenden Fahrten.
Empörend ist das, schimpfen manche. Da wird eine wunderschöne Landschaft in Afrika durchwühlt, Menschen am Straßenrand werden gefährdet, arme Länder durch reiche Motorsportler missbraucht und verhöhnt. Nachvollziehbar ist er, dieser Unmut. Aber er ist nur die eine Seite der Sache. Diese aberwitzigen Rennfahrten bringen etwas zum Vorschein, das sonst verborgen bleibt. Sie sind ein Spiegel für unsere Gesellschaft.
Gas geben heißt die Parole. Wer jetzt nicht loslegt, der wird abgehängt. Wer nichts riskiert, bleibt auf der Strecke. Wer alle Regeln einhält, hat bald das Nachsehen. Diese Erfahrung machen immer mehr Menschen. Wie beim Autorennen gibt es Gewinner und Verlierer – und niemand zieht einen aus der „Sanddüne“, der nicht dafür bezahlen kann. Geiz gilt als „geil“. Das gesellschaftliche Klima wird kühler. Die Gerechtigkeit kommt dabei unter die Räder. Wer könnte ernsthaft dem einzelnen Arbeitslosen ins Gesicht sagen: „Selber schuld!“? Hoffentlich ist ein Wert wie Nächstenliebe fest genug in unseren Köpfen und unseren Seelen verankert. Jetzt kommt es nämlich drauf an.